Wiener Sucht- und Drogenkoordinator im Interview

Ewald Lochner über die Versorgung von Suchtkranken in Wien während der Corona-Krise:

Wie sieht die Versorgung von Suchtkranken in Wien während der Corona-Krise aus (ambulant und stationär)?

Lochner: Die Versorgung von Menschen mit einer Suchterkrankung konnte auch während der Corona-Krise aufrecht erhalten werden, das war und ist uns als Stadt Wien sehr wichtig. Etwa könnte im Bereich der Substitutionstherapie gemeinsam mit dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Änderung des Suchtmittelgesetzes erwirkt werden, die die Versorgung von PatientInnen in Substitutionstherapie auch während Corona sicherstellt. Aktuelle Auswertungen zeigen die Wirksamkeit und Qualität der Substitutionstherapien in. Der Fokus lag darauf, dass diese Leistung aufrechterhalten und unsere KlientInnen damit in Therapie gehalten werden konnten. Auch bei der Behandlung von Suchterkrankungen im Bereich Alkohol ist uns dies gelungen.

Hat sich die Situation vom ersten Lockdown (auf den sich die Interviews für die Studie beziehen) im Vergleich zu heute verändert? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

Lochner: Wir sehen, dass mit Anhalten der Pandemie die psychosozialen Belastungen erheblich ansteigen. Zwar schlägt sich das derzeit im Suchterkrankung von illegalen Substanzen noch nicht in den Zahlen nieder, aber ExpertInnen gehen davon aus, dass der Behandlungsbedarf bei psychischen Erkrankungen erheblich steigen wird. Auch im Bereich Alkoholabhängigkeit. Es ist davon auszugehen, dass die Folgen erst mit der Dauer der Pandemie wirklich sichtbar werden und hier gilt es vorbereitet zu sein. Grundsätzlich wissen wir auch, dass spezifische Gruppen mehr gefährdet und noch stärker belastet sind. Etwa Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, Existenzängste haben, unter Einsamkeit leiden, haben bereits im ersten Lockdown verstärkt Alkohol konsumiert.

Wie soll es aus Ihrer Sicht weitergehen, was wäre Ihr Wunsch für die nähere/ mittelfristige Zukunft?

Lochner: Uns ist klar, dass es mit Abklingen der Pandemie einen erhöhten Behandlungsbedarf im Bereich der Suchtproblematiken und anderen psychischen Erkrankungen geben wird. Was jetzt schon gestiegen ist, sind die Anfragen im psychischen Bereich (direkt Betroffene oder auch Eltern, die sich ernste Sorgen um die psychische Gesundheit der Kinder machen). Auch die akuten psychischen Notfälle – insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind stark gestiegen. Sucht ist eine psychische Erkrankung, daher müssen wir umfassend in diesen Bereichen für genügend Kapazitäten sorgen. Erfolgreiche Angebote wie Alkohol. Leben können. müssen auch in Bezug auf die Folgen der Corona-Pandemie weitergeführt und ausgebaut werden. Hier darf keinesfalls gespart werden, damit jene Menschen die Hilfe brauchen, diese auch bekommen. Die Aufrechterhaltung der Angebote und der Kapazitäten sind wichtig.
Mein Wunsch, dass Menschen mit Psychischen- und Suchterkrankungen auch die Unterstützung und Behandlung bekommen, die sie brauchen.

 

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