Dialogwoche Alkohol 2023 - Frau M. erzählt ihre Geschichte

Auch 2023 lassen wir wieder Betroffene zu Wort kommen. Zwei PatientInnen erzählen ihre Geschichten, voller Mut, Ehrlichkeit, aber vor allem Hoffnung.

Zurückgefunden ins Leben. Die Geschichte von Frau M.

Frau M. ist ehemalige Büroangestellte und lebt, seit langem abstinent, mit ihrem Mann in Wien. Seit vielen Jahren wird sie von den Expertinnen und Experten des Anton Proksch Instituts begleitet. Sie erzählt, wie sie in die Alkoholsucht hineingerutscht ist, wie sehr diese das Familienleben belastet hat und warum es so wichtig ist, nie aufzugeben. Das Gespräch mit Frau M. in voller Länge zum Nachhören gibt es in der neuen Folge unseres Podcasts „Redesucht“!

Wenn Sie sich zurückerinnern: Wie hat das begonnen, mit Ihrer Sucht?

Das war 1990, da hatte ich bereits Probleme und bin in Therapie gegangen. Ich habe das aber noch recht locker genommen. Arg wurde es dann im Jahr 2000 – denn da war ich dann schon im Delirium. Ich hatte getrunken und war nicht mehr zurechnungsfähig: Ich habe Bilder gesehen, wollte wegrennen. Aber mein Mann hat mich zurückgehalten. Es waren auch viele Ängste dabei. Dann haben wir gesagt, so, jetzt fahren wir hinaus ins Anton Proksch Institut.

Was waren die Auslöser für Ihre Erkrankung?

Das ist schleichend gekommen. Einen bestimmten Zeitpunkt hat es nicht gegeben, das hat sich langsam über viele Jahre entwickelt. Ich habe immer, schon als Jugendliche, ein bisschen Alkohol getrunken. Als dann meine eigenen zwei Kinder groß waren, bin ich hineingerutscht. Ich habe zur Belohnung getrunken, oder aus Frust. Zuerst dort und da ein Schluckerl, dann ist es aber immer mehr geworden – eine halbe Flasche Wodka am Tag ist schon zusammengekommen.

Für viele Betroffene ist es eine Hürde, sich Hilfe zu holen und über die Sucht zu reden.

Das war nicht leicht. Ich muss ehrlich sagen, ich bin damals abgestempelt gewesen. Weil die Sucht nicht erkannt, nicht ernst genommen worden ist. Man hat mir gesagt: „Na, dann hör halt auf zu trinken.“ Aber so geht das nicht. Ich muss aber auch sagen, dass ich aus dem Umfeld viel Hilfe bekommen habe. Von Freunden, von meinem Mann. Der hat sehr viel mitgemacht mit mir. Heute kann ich sagen, dass ich alles ganz gut geschafft habe.

Insgesamt haben Sie neun stationäre Aufenthalte im Anton Proksch Institut absolviert. Sie sind ein Beispiel dafür, dass das sehr wohl etwas bringt, PatientInnen so oft aufzunehmen.

Das stimmt. Ich habe die Sucht früher nicht als Krankheit gesehen. Ich habe gedacht, naja, wenn ich jetzt aufhöre, dann geht’s. Aber es ist nicht gegangen. Es hat ja auch in der Familie Probleme gegeben, mit den Kindern. Die haben gesagt: „Mutti, wenn du etwas getrunken hast, dann kommen wir nicht.“ Das hat mir natürlich wehgetan. Wichtig ist es, nie aufzugeben. Man soll kämpfen. Und es geht! Ja, ich habe den Schalter umgelegt.

Sie waren gerade gemeinsam mit Tochter und Schwiegersohn auf einer Schiffsreise in der Karibik. Das ist das beste Beispiel, wie positiv sich Beziehungen entwickelt haben, wie die Familie wieder zusammenwachsen konnte, seit Sie abstinent sind.

Es war eine Traumreise. Wunderschön! Mir kommen jetzt noch fast die Tränen. Danach habe ich mich viele Jahre lang gesehnt.

Wie würden Sie denn beschreiben, was in einer Therapie passiert und worauf man sich einlässt?

Zuerst einmal muss man den Willen haben, vom Alkohol wegzukommen. Alle Therapien regen eigentlich zum Nachdenken an. In jedem selbst muss der Knopf aufgehen. Dann schafft man es auch. Aber es hat gedauert. Nach den stationären Aufenthalten ist es immer eine Zeitlang ganz gut gegangen. Und sobald ich wieder umgefallen bin, habe ich mich frei gefühlt, hinauszugehen und mir Hilfe zu holen.

Wie lange hat es nach einem Rückfall gedauert, bis sie sich gesagt haben, jetzt muss ich das wieder angehen?

Ich würde sagen, ein paar Wochen. Sofort will man es ja nicht wahrnehmen. Meistens bin ich schon nüchtern in die Therapie gegangen, aber innerlich hat es noch nicht ganz gepasst. Völlig wird das vielleicht nie der Fall sein. Man muss immer damit rechnen, dass etwas passiert.

Ist das Abstinent-Sein immer noch ein Kampf? Viele, die noch nicht so weit sind, können sich das ja gar nicht vorstellen – ein Leben lang kämpfen zu müssen.

Nein. Dass es ein Kampf ist, das würde ich eigentlich nicht sagen. Nachdenken muss man aber schon. Ich glaube auch, dass es heute mehr akzeptiert ist, wenn man sagt, nein, ich trinke nichts.

Welche Ziele stehen für die nächste Zeit an, welche Ideen möchten Sie umsetzen?

Soweit es möglich ist, gesund bleiben. Kinder und Freunde treffen. Glücklich leben und das Leben genießen. Wenn man trinkt, dann schwindet manches. Das möchte ich nicht.

Das Interview mit Frau M. können Sie auch auf unserem Podcast-Kanal Rede Sucht hören.

RedeSucht - Frau M. erzählt ihre Geschichte

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